Rafila: Pfizer-Klage von 500 Millionen Euro überwältigend

Pfizer und Biontech verklagen Rumänien wegen 28 Millionen nicht abberufener Impfstoffvorbestellungen

Hauptsitz von Biontech, An der Goldgrube 12, Mainz-Oberstadt | Foto: Wikimedia Commons

Bukarest (ADZ/dpa) - Gesundheitsminister Alexandru Rafila hat am Donnerstag beim Radiosender Europa FM erklärt, dass die Summe von einer halben Milliarde Euro, um die Rumänien von den Pharmakonzernen Pfizer und Biontech verklagt wird, überwältigend sei und es keine vorgesehenen Haushaltsmittel für so etwas gebe. Es handele sich um 28 Millionen Impfdosen gegen Covid-19 – Teil einer Mitte 2021 angekündigten Option auf 39 Millionen Dosen für die Jahre 2022 und 2023 – die trotz Vorbestellung nicht mehr gekauft wurden; der Wert dieser Dosen beläuft sich auf rund 500 Millionen Euro. 

Laut Minister Rafila befinden sich auch Ungarn und Polen in einer ähnlichen Situation und wurden ebenfalls in Brüssel – wo der Prozess stattfinden werde – verklagt. Es gehe nun darum, eine Anwaltskanzlei einzuschalten und zu versuchen, öffentliche Mittel zu verteidigen – es sei eindeutig, dass nun bestellte Impfdosen nicht verwendet werden würden und nach Lagerung zerstört werden müssten. 

Rafila führte weiter aus, dass der zugrunde liegende Vertrag mit Pfizer zwar von der Europäischen Kommission unterzeichnet wurde, jedoch die damalige Regierung – durch Unterschriften von Memoranden durch Premier und den jeweiligen Gesundheitsminister – sich dazu verpflichtet hatte, gestellte Ansuchen auch durch nachfolgende Bestellungen zu erfüllen. Im Dezember vergangenen Jahres hatte die Antikorruptionsbehörde DNA gegen Ex-Premier Florin Cîțu (PNL) sowie die ehemaligen Gesundheitsminister Vlad Voiculescu (USR) und Ioana Mihăilă (REPER) Strafverfolgungen wegen Amtsmissbrauch mit besonders schweren Folgen im Zusammenhang mit den Impfstoffbeschaffungen eingeleitet. 

Am Donnerstag dieser Woche hat auch der US-Pharmakonzern Pfizer der Nachrichtenagentur news.ro in einer Mitteilung bestätigt, dass gemeinsam mit dem deutschen Biotechnologieunternehmen Biontech der „schwere Entschluss“ getroffen worden sei, gegen Rumänien vorzugehen, um das Land zu veranlassen, Verpflichtungen zu Impfstoffbeschaffungen gegen Covid-19 aus dem Mai 2021 zu erfüllen. 

Zuletzt war der US-Pharmariese Pfizer im Quartal Juli bis September 2023 wegen der weggebrochenen Nachfrage nach Covid-Medikamenten in die roten Zahlen gerutscht. Der Hersteller musste rund 5,6 Milliarden Dollar auf seine Lagerbestände abschreiben. Unter dem Strich stand so für das dritte Quartal 2023 ein Verlust von fast 2,4 Milliarden US-Dollar (ca. 2,3 Mrd. Euro) nach einem Gewinn von gut 8,6 Milliarden Dollar ein Jahr zuvor. Das Unternehmen hatte wegen der schwachen Nachfrage nach Covid-Medikamenten wie Paxlovid und der gemeinsam mit der Mainzer Biontech vermarkteten Impfung Comirnaty Mitte Oktober 2023 die Abschreibungen angekündigt und seine Ziele für das Jahr gekappt. Bis Ende 2024 sollen Einsparungen von netto mindestens 3,5 Milliarden Dollar erzielt werden, hieß es in der Mitteilung weiter. Der Aktienkurs des Konzerns ist seit einem Höchststand von fast 60 Dollar Mitte Dezember 2021 auf zuletzt unter 30 Dollar gesunken. 

Der Impfstoffhersteller Biontech hatte laut jüngsten Daten im November 2023 ebenfalls seine Prognose  für Erlöse mit Covid-19-Impfstoff für das Gesamtjahr 2023 reduziert und nur noch Umsätze in Höhe von rund vier Milliarden Euro erwartet. Zuvor war Biontech von etwa fünf Milliarden Euro ausgegangen. Im dritten Quartal 2023 stand unter dem Strich ein Nettogewinn von 160,6 Millionen Euro und damit wieder ein Plus nach einem Verlust von 190,4 Millionen im Vorquartal. Der Umsatz belief sich zwischen Juli und September 2023 auf 895,3 Millionen Euro. Nichtsdestotrotz lagen Gewinne und Erlöse deutlich unter den Werten aus dem Vorjahr: Im dritten Quartal 2022 hatte Biontech noch einen satten Gewinn von 1,78 Milliarden Euro eingefahren sowie Umsätze in Höhe von 3,46 Milliarden Euro. Im Jahr 2021 trug Biontech laut einem Bericht des „manager magazins“ noch 0,5 Prozentpunkte zum Wirtschaftswachstum Deutschlands bei, rund ein Fünftel des Konjunkturaufschwungs der größten europäischen Volkswirtschaft in dem Jahr.